«Piratenplatz» – die Tafel, die gestern Nachmittag in die Höhe gestreckt wurde, brachte es auf den Punkt: Die Finanzwirtschaft bereichert sich an der Realwirtschaft, manchmal direkt, meist auf verschlungenen Wegen, aber immer ohne wirkliche Gegenleistung. Das erzeugt nicht nur Wut, sondern hat Schäden zur Folge, unter denen zunehmend auch der Mittelstand zu leiden hat. Der Widerstand gegen dieses unmenschliche System, der auf dem Zürcher Paradeplatz einen hoffnungsvollen Auftakt gefunden hat, muss denn auch die breite Bevölkerung erreichen, wenn er etwas verändern will.
Endlich gehen die Menschen auf die Strasse, einmal mehr angeführt von jungen Menschen. Rund 1000 dürften es gewesen sein, die ein buntes, ein lautes, aber auch ein sehr uneinheitliches Zeichen setzten.
Die «Vollversammlung» ab 13.00 Uhr war keine Diskussion, sondern vor allem ein offenes Mikrophon, mit dem Dutzende von Rednerinnen und Rednern ihre Sorgen und Wünsche über den Piratenplatz – pardon: Paradeplatz – erschallen lassen konnten. Und das tat offensichtlich gut. Die Voten zeigten, wie porentief die Schäden der Finanzwirtschaft mittlerweile gehen und wie weit das Vertrauen in die Politik gesunken ist, das Kommando über die ausser Rand und Band geratene Spekulation zu übernehmen.
Dass der Anlass friedlich blieb, ist dem Ausbleiben von Provokationen und der Zurückhaltung der Polizei zu verdanken – und vielleicht auch den paar Meditierenden, die den Platz mit ihren guten Schwingungen zu erfüllen versuchten.
Wenn der Widerstand nachhaltig sein soll, muss er die Bankenwirtschaft an ihrer Achillesferse treffen und in ihrem Zentralnervensystem. Dies ist, da bin ich überzeugt, die verfassungswidrige Geldschöpfung durch unser Bankensystem. Es kann nicht sein, dass die Verfassung das Geldmonopol in die Hände des Bundes, bzw. der von ihr beauftragten Nationalbank legt, aber die privaten Banken 85 Prozent des Geldes virtuell und aus dem Nichts erzeugen und gegen Zins verleihen. Dieses virtuelle Geld ist zwar offiziell nicht gesetzliches Zahlungsmittel, aber diesem gleichgestellt. Und vor allem ist es der Brennstoff, mit dem die Spekulation angeheizt und die Realwirtschaft abgebrannt wird. Die Realwirtschaft ist es nämlich, die für die Risiken und unvermeidlichen Verluste der Finanzblasen aufkommen muss.
Letztlich wollen wir vor allem eines: Dass die Verfassung eingehalten und die widerrechtliche, zerstörerische Geldschöpfung durch die privaten Banken aufhört. Dann verliert die Finanzwirtschaft das Instrument, mit dem sie die Politik kontrolliert, die Realwirtschaft ausbeutet und die Umverteilung von arm zu reich organisiert.
Die Finanzwelt führt eine einzige grosse Waffe – ihr virtuelles, giftiges Geld: Diese müssen wir ihr aus der Hand schlagen.
Es gibt keine „Geldschöpfung der Geschäftsbanken“. In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gilt:
Geldvermögen = Kredite + M1 – (über Fristentransformation verliehener Anteil von M1)
Die Summe der Geldvermögen in einer Volkswirtschaft ist immer um die Liquiditätsreserve größer als die Summe der Kredite!
Der eigentliche Grund, warum dieses Geschwätz einer „Geldschöpfung der Geschäftsbanken“ eine gewisse Popularität erreicht, ist der gleiche wie etwa beim „Denkfehler Marxismus“: Es wird vom eigentlichen Wesen der kapitalistischen Ausbeutung abgelenkt, sodass diese durch die jeweilige „Kritik“ nicht wirklich gefährdet wird.
Zinseinnahmen der Geschäftsbanken: 420 Mrd. Euro pro Jahr
Zinsaufwendungen für Sparer (vor allem Großsparer): 330 Mrd. Euro pro Jahr
Bankmarge: 90 Mrd. Euro pro Jahr
(Quelle: Deutsche Bundesbank, Stand: Oktober 2007)
Wer sind also die Ausbeuter in der Zinswirtschaft – die „bösen Banken“ oder die „lieben Sparer“? Die Summe aller „unverschämten Bankmanagergehälter“ beträgt weniger als zwei Prozent der Bankmarge, und im Gegensatz zu den Sparern erbringen die Bankmanager dafür sogar eine Arbeitsleistung, unabhängig davon, wie man diese anderweitig bewerten mag.
Die Liquiditätsverzichtsprämie (Urzins), die den Sparern gezahlt werden muss, damit die Geldersparnisse für Investitionen zur Verfügung stehen, setzt eine Untergrenze für die Rentabilität neuer Sachkapitalien, sodass ein struktureller Sachkapitalmangel bestehen bleibt, aus dem wiederum die Eigenkapitalrendite für alles (noch) unverschuldete Sachkapital resultiert, die zurzeit etwa 120 Mrd. Euro pro Jahr beträgt.
Rechnen wir die private Bodenrente von etwa 100 Mrd. Euro pro Jahr hinzu, beträgt die Summe arbeitsfreier Kapitaleinkommen (unverdiente Knappheitsgewinne) auf Kosten der Mehrarbeit anderer 550 Mrd. Euro pro Jahr, was einem durchschnittlichen Nettolohnverzicht von 1200 Euro monatlich für alle 38 Millionen (noch) arbeitende Zinsverlierer entspricht. Der dadurch bedingte Kaufkraftverlust der breiten Masse destabilisiert schließlich die gesamte Ökonomie (gegenwärtiger Ist-Zustand).
http://opium-des-volkes.blogspot.com/2011/10/geldpolitik.html
http://opium-des-volkes.blogspot.com/2011/09/verantwortung.html
So einfach, wie die systemische Ungerechtigkeit der Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz erklärt werden kann, ist sie auch zu eliminieren:
http://www.deweles.de/files/soziale_marktwirtschaft.pdf
Lieber Herr Gantner, die Fachliteratur, die Bundesbank und die Schweizerische Nationalbank bestätigten allesamt die private Geldschöpfung durch die Banken über den Kredit. Es ist mir ein Rätsel, wie Sie diesen Fakt in Frage stellen können. Ich weiss, deutsche Freiwirtschafter sind mit diesem Irrtum regelrecht vergiftet und ich hoffe sehr, dass sich die Meinungen in den Köpfen verändern, bevor ihre Besitzer das Zeitliche segnen.
Mit herzlichem Gruss, Christoph Pfluger
http://www.snb.ch/d/welt/contact/pdf/bro_b_d.pdf (S. 18/19)
http://www.bundesbank.de/download/bildung/geld_sec2/geld2_gesamt.pdf (S. 78 ff)
Vielen Dank, Herr Pfluger, für ihr Votum auf dem Piratenplatz! Leider sieht es nicht danach aus, als dass nach dem 23. Oktober mehr als 10% der „Volkvertreter“ den verfassungswidrigen Geldschöpfungsprozess verstehen werden. Ich hoffe auf die Vollgeldinitiative. Ihnen viel Glück bei der Wahl!