Die Banken verstossen bei der Kreditgeldschöpfung gegen das Obligationenrecht. Diese Ansicht vertritt Michael Schemmann, Gastprofessor für Finanz- und Rechnungswesen in Bangkok und Direktor des International Institute of Certified Public Accountants IICP in einem offenen Brief an Ständerat Martin Schmid, Präsident der Kommission für Wirtschaft und Abgaben. Sie befasst sich morgen mit der Vollgeld-Initiative.
Zentrale Forderung der Initiative ist die Beschränkung des Geldschöpfungsprivilegs auf die Nationalbank. Bis jetzt wird der überwiegende Teil der umlaufenden Geldmenge, nämlich das Buchgeld auf den Bankkonten, durch die Banken selber hergestellt. Mit jeder Kreditvergabe entsteht neues Geld. Denn im Gegensatz zu dem, was selbst viele Banker und Politiker glauben, verleihen die Banken nicht das Geld der Sparer, sondern schreiben den Kreditnehmern Geld ins Konto, das es vorher nicht gegeben hat.
Damit das bilanztechnisch aufgeht, verbuchen sie das neue Geld auf dem Konto des Kreditnehmers auf der Passivseite und die Forderung auf Rückzahlung im gleichen Umfang als Aktivum. Diese Bilanzverlängerung ist allgemeine Praxis.
«Vorgetäuschtes Ereignis»
In einem neunseitigen Brief an Ständerat Martin Schmid weist Michael Schemmann nun darauf hin, dass diese Verbuchung höchstwahrscheinlich gegen das Obligationenrecht verstösst.
In der Tat müssen gemäss Art. 959 OR Vermögenswerte als Aktiven bilanziert werden, «wenn aufgrund vergangener Ereignisse über sie verfügt werden kann, ein Mittelzufluss wahrscheinlich ist und ihr Wert verlässlich geschätzt werden kann. Andere Vermögenswerte dürfen nicht bilanziert werden.»
Michael Schemmann schreibt: «Schweizer Banken aktivieren als Vermögenswerte die Forderungen an Kunden aus der Kreditgewährung, die durch kein vergangenes Ereignis bewirkt sind, die keine Kostenbasis haben und keine knappen wirtschaftlichen Ressourcen sind, sondern durch Knopfdruck auf der Tastatur des Rechners beliebig häufig und hoch vollzogen werden können».
Ein «vergangenes Ereignis» liegt nach Ansicht von Michael Schemmann nur dann vor, «wenn die Bank ihrem Kunden im Wege der Kreditvergabe z.B. Bargeld ausbezahlt hat, oder eine Überweisung vorgenommen hat, und diesen Mittelabfluss als Ereignis der Vergangenheit erfasst, bewertet, klassifiziert, verbucht und in der Bilanz ausweist. Die Banken haben oder hatten jedoch kein Geld in Form von gesetzlichen Zahlungsmitteln, und so ist die Einbuchung als Kundeneinlagen ein vorgetäuschtes Ereignis aus der Trickkiste der doppelten Buchführung.»
Schemmann ist längst nicht der erste, der auf die Fragwürdigkeit dieses Vorgangs hinweist, aber der erste, der einen direkten Bezug zu den Vorschriften des Obligationenrechts herstellt.
Mittelzufluss unwahrscheinlich
Es gibt noch einen weiteren Hinweis darauf, dass die Bestimmungen des OR bei der Geldschöpfung durch Bilanzverlängerung verletzt werden. Ein Aktivum darf nur als solches bilanziert werden, wenn ein Mittelzufluss wahrscheinlich ist. Aber gerade das ist bei der Geldschöpfung aus dem Nichts durch die privaten Banken fraglich. Dabei entsteht nämlich ein gleich bleibendes Guthaben, das in Umlauf geht und eine Forderung, die mit der Zeit wächst. Es ist also weder theoretisch noch praktisch genug Geld im System, um alle Forderungen zu erfüllen. Aktuell steht den Weltschulden von 217 Billionen Dollar (Institute for Int. Finance IIF, 2017) eine Geldmenge M1 (Münzen, Noten, Sichtguthaben) von 28,5 Billionen Dollar (CIA Factbook 2015) gegenüber. Geht man davon aus, dass Schulden nicht mit Naturalien, sondern mit Geld bezahlt werden müssen, wird schnell ersichtlich, dass ein Grossteil der Forderungen permanent uneinbringlich bleiben wird, in der Sprache des Obligationenrechts ein Mittelzufluss also unwahrscheinlich ist.
Wird eine solche Bilanzierung der Geldschöpfung als rechtskonform erklärt, wird gleichzeitig ein System legitimiert, das zwingend zu Konkursen und damit zu Enteignungen zugunsten derjenigen führt, die solches Geld schöpfen dürfen.
Das Recht des Souveräns
Wir haben Martin Schmid in einem Brief um eine Stellungnahme gebeten. Bis heute ist eine solche nicht eingetroffen. Man darf aus dem Schweigen schliessen, dass die ständerätliche Kommission die Vollgeld-Initiative ablehnen wird. Das scheint in der momentanen Situation des ungebrochenen börslichen Höhenflugs verständlich. Aber schon bei der nächsten Finanzkrise – und die ist so sicher wie das Amen in der Kirche – wird man die Kommissionsmitglieder fragen, warum sie die Geldschöpfung nicht ernst genommen und wenigsten einen Gegenvorschlag angeregt haben, damit in diesem Land endlich offen und umfassend über das wichtigste wirtschaftliche Recht überhaupt diskutiert wird, nämlich das Recht, ein Geldmittel in Umlauf zu bringen und dadurch Kaufkraft zu schaffen. Historisch gesehen, war dies immer das Recht des Souveräns, und das ist in unserem direkt-demokratischen Land nun einmal kein König, kein Präsident und auch kein diskretes Gremium verschwiegener Banker, sondern das Volk. Volksvertreter sind gewählt, dessen Interessen zu vertreten, nicht die der Banken.
Dieser Aspekt der Rechtsprechung finde ich lohnenswert, weiter zu verfolgen und ev. ein gerichtliches Vorgehen gegen die Banken anzustrengen, ähnlich wie in Kanada, wo ein solche Verfahren gegen die staatlich Bank läuft, welche es seit 1974 den privaten Banken erlaubt hat, anstelle der kanadischen Nationalbank das Geld zu schöpfen und dem Staat gegen Zinsen auszuleihen. Der Verein COMER hat dies mit Advokaten angestrengt. Der Vorschlag zur Änderung zu Gunsten der Geschäftsbanken kam von der „Bank of international settlement Basel“ Schauen Sie das Video an: https://youtu.be/4ZuIKXXtQN0 ;
Richtig, sehr wichtig, was da in Kanada läuft.
Das muss unbedingt jemand in der Schweiz auch machen. Jetzt mit der kommenden Abstimmung zur Vollgeld Initiative ein muss!!!!
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