Die Saat der nächsten Schweiz …

Der letzte Dienstag war ein besonderer Tag, nicht nur für mich, sondern für die ganze Schweiz. Und ein bisschen auch für die Welt.

Die Unterschriftensammlung für das Referendum gegen das Covid-19-Gesetz begonnen. (Hier Medienmitteilung) Wenn bis in 100 Tagen 50’000 Unterschriften zusammenkommen, wird die Schweiz das erste Land der Welt sein, das über die Corona-Massnahmen (oder wenigstens einen Teil davon) abstimmen kann. Wahrscheinlich auch das einzige.

Ich erinnere mich noch gut an den 16. April, als ich die Medienkonferenz des Bundesrates am Bildschirm verfolgte und Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga plötzlich erklärte, der Bundesrat wolle die Notverordnungen in dringliches Bundesrecht überführen (ab 1:01).

Das war mitten im Lockdown, als den Menschen noch Hoffnung gemacht wurde, das Ganze würde bald einmal ein Ende finden. Und der Bundesrat sprach bereits von einer Verlängerung des Notrechts über dessen Gültigkeit von sechs Monaten hinaus!

Wie konnte der Bundesrat damals schon wissen, dass er in wichtigen Fragen ohne Zustimmung des Parlaments würde regieren müssen? Vermutlich weil er es wollte.

Warum ahnte er, dass weder Lockdown oder Masken den Zustand beenden würden, in dem Notrecht notwendig ist? Vielleicht wollte er diesen Zustand der demokratischen Normalität gar nicht.

Die frühe Ankündigung der Notrechts-Verlängerung versprach nichts Gutes. Mir war klar, dass das Unvernünftige vermutlich das Vernünftige sein würde: das Referendum gegen ein dringliches Bundesgesetz.

Das grosse Hindernis: Ein dringliches Bundesgesetz tritt sofort in Kraft. Bei einem Referendum findet die Abstimmung erst später statt, in einem new normal. So etwas wagen nur sehr überzeugte Demokraten. Aber die gibt es – mehr als man ahnt.

Dann ging es schnell: An Pfingsten trafen sich etwas mehr als 50 Menschen auf der Rütliwiese und bekräftigten ihren Willen, sich für die Verfassung und die Stellung des Souveräns an der Spitze des Staates einzusetzen.

Ende Juni wurde die Website notrecht-referendum.ch aufgeschaltet, auf der sich bald Tausende zur Unterstützung des Referendums anmeldeten, ein unerwartet positives Echo.

Ende Juli gründeten sich die Freunde der Verfassung als Trägerschaft des Referendums und weiterer Projekte zur Stärkung des Souveräns. Corona führte nicht nur zu einem verordneten social distancing, sondern auch zu einem spontanen political unioning.

Heute gibt es über 1100 Freundinnen und Freunde der Verfassung, hunderte, wenn nicht tausende Unterschriftensammler und 30 Regionalgruppen – die Saat einer nächsten Schweiz, in der direkte Demokratie nicht nur ein wohlfeiles Label, sondern gelebte Wirklichkeit ist.

Jetzt ist die Zeit, wo die Saat keimen kann. Bis jetzt haben wir nur Potenzial wahrgenommen. Ob etwas Zählbares daraus wird, werden wir sehen.

Ein Selbstläufer ist die neue Kraft noch nicht. Die Saat muss begossen werden, damit sie aufgehen kann. Und Gärtner sind wir alle. Ausnahmsweise sollten wir uns an das Giesskannenprinzip halten: Viele Menschen erreichen, aber niemanden zuschütten.

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