Wenn es darauf hinausläuft,
Gewalt anwenden zu müssen,
dann spielst du das Spiel des Systems.
Das Establishment wird dich verwirren,
um dich zum Kämpfen zu bringen.
Denn wenn sie dich einmal gewalttätig gemacht haben,
dann wissen sie, wie sie mit dir umgehen müssen.
John Lennon
Wir atmen auf: Obwohl nach Angaben der Bundeskanzlei das Echo auf die Ausweitung der Zertifikatspflicht «mehrheitlich positiv» ausgefallen ist, hat die Regierung noch keinen Entscheid getroffen.
Der Bundesrat hat offenbar gemerkt, dass das Echo wohl doch nicht so positiv war. Immerhin hätte die Ausweitung bedeutet, dass ein substanzieller Teil der Bevölkerung vom kulturellen und gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen worden wäre, selbst unter Einhaltung von Massnahmen, die bis jetzt offiziell als wirksam galten wie das Maskentragen oder das social distancing.
Eine erhebliche Gereiztheit machte sich in den letzten Tagen bemerkbar, vor allem in den sozialen Medien, wo man die Stimmung in der Bevölkerung noch einigermassen ungefiltert wahrnehmen kann. Viele finden die Verletzung ihrer körperlichen Integrität und die offensive Bearbeitung der Kinder schlicht und einfach unerträglich.
Die rechtlichen Grundlagen für die Zertifikatspflicht sind zwar bis zur Abstimmung vom 28. November über das Covid-19-Gesetz da. Aber die materiellen Grundlagen sind schwach. Besonders stossend ist, dass alle, die eine natürliche Immunität erreicht haben (die besser wirkt als die geimpfte) kein Zertifikat bekommen, wenn sie nicht gleichzeitig einen positiven PCR nachweisen können.
Das Vorhandensein von Antikörpern – der entscheidende Faktor – genügt nicht. Dass ein positiver PCR keine Infektion beweist, sondern nur das Vorhandensein kritischer Virenbruchstücke, sei hier nur am Rande vermerkt.
Auch der Anlass für die Verschärfung, die nun hinausgeschoben wurde, ist hanebüchen: die drohende Überlastung der Intensivbetten. Da reduziert man die Zahl der Intensivbetten seit Beginn der Pandemie um 45 Prozent, um dann bei einem kleinen Anstieg bereits wieder den Notstand auszurufen.
In der undurchschaubaren Logik des Pandemiemanagements ist es offenbar klüger, wenn die Spitäler ein paar Millionen sparen und die Wirtschaft gleichzeitig ein paar Milliarden verliert. Dies ist die Quittung dafür, dass man die Spitäler in Aktiengesellschaften umgewandelt hat anstatt sie als Pfeiler der öffentlichen Gesundheit zu führen.
Der stv. Leiter des Rettungsdienstes eines Spitals hat mir gestern geschrieben, dass in seinem Spital zwölf Betten permanent aufgehoben würden. Die Begründung der Geschäftsleitung: «Wir stellen heute noch zu viele offene Betten zur Verfügung, um unseren Grundversorgungsleistungsauftrag medizinisch und wirtschaftlich zu erfüllen.» Für den Mann steht fest, «dass es nun gemeinsames und beherztes Engagement für unsere Gesetze und die Freiheit braucht». Er hat uns seine Dienste angeboten.
Der Ernstfall für die natürlich Immunisierten ist mit der Bundesratssitzung vom 1. September also noch nicht eingetreten. Dafür will der Bundesrat dem Parlament die Verlängerung des Covid-19-Gesetzes beantragen – wie von uns schon vor einem Jahr vorausgesehen.
Auf anderer Ebene wird die Eskalation subtil vorangetrieben. A. Berset reiste zur letzten Arena-Sendung mit Personenschutz an, und dies nicht etwa diskret, sondern mit Ankündigung. Ein solches Vorgehen kann nur einen Zweck haben: Ein Klima der Militanz, der Gewalt heraufzubeschwören.
Es stimmt: A. Berset und viele Magistraten erhalten Drohbriefe übelster Sorte. Ich kenne das leider auch. Wenn ich Bundesrat wäre und denselben Druck auf die Bevölkerung ausübte, würde ich mich wohl auch schützen wollen. Aber an die grosse Glocke hängen? Seht her: Ich habe die Lage im Land so gefährlich gemacht, dass ich mich nur mit bewaffnetem Schutzpersonal unter die Leute wage.
Es ist wohl wahr: Der Druck zur Impfung, der buchstäblich ans Lebendige geht, hat viele Menschen in einen Zustand der Notwehr getrieben, in der Gegengewalt legitim erscheint und die es in einigen Fällen auch ist. Sie stehen vor der letzten Massnahme zum Schutz ihrer körperlichen Unversehrtheit.
Ein Meditationslehrer, durch und durch Pazifist, hat uns geschrieben: «Was sich bei uns in Deutschland, in Australien oder in Neuseeland abspielt – und eben auch bei Euch in der Schweiz –, hat die Schwelle, hinter der wir weiterhin recht friedlich bleiben sollen, längst überschritten. … Jetzt genügt nur noch ein zündender Funke.»
Ich war am Wochenende nach Berlin geladen. Ich traf auf ein aufgebrachtes, führungsloses Protestvolk, zersplittert in kleine Gruppen, am Rand der Hyperventilation. Die Polizei in Zweierkolonne und Gleichschritt – grotesk. Die paar Redner schrill, aufwieglerisch und auf dem Niveau von Durchhalteparolen. Viele Menschen nervös, hilflos, mental in die Ecke gedrängt. Ein Pulverfass.
Wohin wird das alles führen? Wir müssen mit anderthalb Jahren Pandemie-Erfahrung im Bewusstsein leider eine weitere Eskalation erwarten. Vielleicht wird jemand durchdrehen und eine blutige Dummheit begehen.
Vielleicht wird man, nicht unbedingt in der Schweiz, für die nötigen Ereignisse sorgen, um die Ungeimpften definitiv in die Terrorecke stellen und entsprechend bekämpfen zu können. Das Framing hat Gilles de Kerchove, EU-Koordinator für Terrorimusbekämpfung bereits im Mai 2020 vorbereitet.
Das Pandemiemanagement hat weite Teile der Bevölkerung in eine kollektive Notwehr-Situation gezwungen. Daran wird die Demokratie zugrunde gehen. Das war leider vorhersehbar, wie dieser Aufsatz aus dem Jahr 1992 zeigt (C. Pfluger: «Die Demokratie stirbt»)
Die ewige Frage: was tun?
Ich glaube, wir müssen erkennen, dass wir in diesem Machtspiel am kürzeren Hebel sitzen. Persönlich habe ich mich schon lange entschieden, auf die Vorteile der Impfung zu verzichten und die Nachteile der Diskriminierung in Kauf zu nehmen. Auf jeden Fall müssen die Kinder geschützt werden, ohne Wenn und Aber (hier Vorgehen und Briefmusterzur deutlichen Intervention).
Emotionalisierung ist nicht angebracht. Die Fakten sprechen ja für sich. Wir werden diese Auseinandersetzung nicht mit Wut gewinnen, sondern indem wir vorausschauend das gute Leben sichern. Die offene Parallelgesellschaft ist mein Stichwort dazu. (dazu Video vom Sommer-WEFF und ein Artikel aus der letzten Weltwoche).
Es wäre schön, wenn es uns gelänge, den Berserkern an der Macht gelassen zuzuschauen, wie sie ihr politisches Grab schaufeln und dann parat sind, wenn es Menschen mit Herz und Verstand braucht, um auf den Trümmern der Pharmakratie und des zerbrochenen Vertrauens eine nächste Welt aufzubauen, auf der Basis von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.
Und es ist befriedigend, jetzt damit zu beginnen. Gouverner c’est prévoir – auch wenn man nur über die Macht der Herzen gebietet.
in Ihrem Rundbrief heute äußern Sie sich in einer Weise über die Demo in
Berlin, die mich überrascht hat. Ich war nicht dort, aber hier mal ein
anderer Eindruck:
Hier kommt mein Fazit des zweiten und letzten Demotages in Berlin:
Dieser Tag hat den gestrigen, bezogen auf die Anzahl der Demoteilnehmer,
noch getoppt…..! Sie lag auf jeden Fall im sechsstelligen Bereich….
Menschenmassen, wohin das Auge reichte…
Die Polizei war überfordert und sperrte die Straßen, wo sie konnte….
Die Masse bog immer sofort ab und die Polizei schaute in die Röhre, weil
sie ohne Anweisungen nicht reagieren durfte… Das Katz – und –
Maus-Spiel macht immer viel Spaß, auch wenn beide Seiten körperlich an
die Grenzen kommen… Geschätzte 30 km haben wir heute zu Fuß durch
Berlin zurückgelegt….Die Stimmung war atemberaubend toll und es war
die beste Demo von allen bisherigen 60 Demos…..
Wir erlebten mehr Polizeigewalt, die ich einmal deutlich zu spüren bekam
Auf gefühlt allen Vieren haben wir uns dann nur noch in die U-Bahn
geschleppt, tief befriedigt von den beiden Berlin – Tagen…Das Wetter
war uns fast durchweg hold, bis auf die letzten 15 Minuten gestern und
die letzten 2 Stunden heute – entgegen der schlechten Wetterprognose….
So unterschiedlich nimmt man die Welt wahr.
Lieber Christoph Pfluger, ich möchte Ihren Abschnitt „Ich war am Wochenende nach Berlin geladen. Ich traf auf ein aufgebrachtes, führungsloses Protestvolk, zersplittert in kleine Gruppen, am Rand der Hyperventilation. Die Polizei in Zweierkolonne und Gleichschritt – grotesk. Die paar Redner schrill, aufwieglerisch und auf dem Niveau von Durchhalteparolen. Viele Menschen nervös, hilflos, mental in die Ecke gedrängt. Ein Pulverfass.“ etwas relativieren:
Auch wir waren am 29.8. in Berlin. Und die Menschen, mit denen wir umhergewandert sind (Kreuzberg, am Friedrichshain), waren allesamt friedlich, wenn auch klar und laut. Die Gruppe von ca. 150 Menschen (von sehr vielen mehr!), bei der die Polizei es tatsächlich geschaffft hat, sie für kurze Zeit einzukesseln, waren unbesiegbar gut gelaut, sie haben gesungen und getanzt, völlig desinteressiert an den etwas irritiert um sie stehenden Polizisten. Auch davon gibt es Videos im Netz. Vermutlich, das ist ja inzwischen die Strategie, waren wir also an einer anderen Stelle, denn Ihre Schilderung ist genauso wahr.
Es soll auch ein Apell an die AnmelderInnen und TeilnehmerInnen sein: wir brauchen keine, wie auch immer inhaltlich antretenden, Festredner mehr, wenn sie nicht ausdrücklich um Integration und Beruhigung bemüht sind. Der Zug der Menschen, die sich selbst organisieren, sich teilen und wieder finden, ist eindrücklich (und für die Adressaten beunruhigend) genug!
Liebe Grüße und Dank für Ihre Arbeit! mz