Mehr zum Verständnis des Kriegs in der Ukraine

Es ist nicht einfach, sich seriös über die Lage in der Ukraine und im Donbass zu informieren.

Die Mainstream-Medien kontrollieren das Narrativ zu fast hundert Prozent. Und nach der Abschaltung der russischen Medien auch in der Schweiz – trotz durch die Verfassungs garantierter Medienfreiheit (Art. 17 BV) –, ist es schwierig geworden, sich unabhängig zu informieren. Zudem zirkuliert eine Unmenge von Fake-News.

Es regiert wieder einmal die Angst, diesmal vor einer erheblichen Eskalation bis hin zu einem Atom-Krieg. Ich halte das für unwahrscheinlich. Die NATO wird nicht in diesen Krieg eingreifen, nicht nur, weil sie es gesagt hat, sondern weil sie nicht kann. NATO-Generalsekretär Stoltenberg reiste sogar nach Polen, um zu verhindern, dass Polen seine renovierten MIG-Kampfflugzeuge der Ukraine zur Verfügung stellt.

Eines der wenigen News-Items, das ich Ihnen wirklich empfehlen kann, ist ein Interview von Tucker Carlson von Fox News mit dem Politikwissenschaftler und US-Oberst a.D. Doug Macgregor. Er hat keine Ambitionen auf einen Verwaltungsratssitz in einem Rüstungskonzern und kann als seriöse Informationsquelle bezeichnet werden.

https://www.bitchute.com/video/df3xwPdR29Gt/

Was er im Interview vom 1. März sagt, ist zusammengefasst Folgendes:

´´In den ersten fünf Tage drangen die russischen Truppen langsam und methodisch vor.
Sie versuchten, die Zivilbevölkerung so gut als möglich zu verschonen und die ukrainischen Truppen zum Aufgeben zu bewegen. Diese Phase sei jetzt nahezu abgeschlossen.

Die russischen Truppen haben die verbliebenen ukrainischen Truppen an der Grenze zum Donbass nun eingekesselt und würden sie aus der Luft und mit Artillerie und Raketenbeschuss aufreiben. «Dies ist der Anfang vom Ende des ukrainischen Widerstands», sagt Macgregor.

´Hier eine Karte zum Stand der Lage vorgestern Abend:

Wie beurteilt Mcgregor die Ziele von Wladimir Putin? Macgregor nimmt Putin bei seinem Wort an der Sicherheitskonferenz von 2007 in München, wo er klarmachte, dass er unter keinen Umständen eine NATO-Präsenz in der Ukraine und in Georgien akzeptieren werde. Putin habe immer und immer wiederholt, die Ukraine dürfe keine Plattform für US-amerikanische Einflussnahme in Russland werden.

Macgregor vermutet, dass die russischen Truppen nur den östlichen Teil der Ukraine kontrollieren wollen. Putin will nach Einschätzung von Macgregor eine Ukraine, die entweder neutral ist oder in freundlicher Beziehung mit Russland steht.

Wie sollten die USA antworten? Gemäss Mac Gregor hat Joe Biden bereits signalisiert, dass sie eine Lösung dieser Art zu akzeptieren bereit sind – und akzeptieren müssen. Eine mögliche Lösung könnte sein, den westlichen Teil der Ukraine neutral, d.h. ausserhalb russischen Einflusses zu halten, da Polen keine direkte Grenze mit Russland akzeptieren würde. Biden und seine Leute würden Selenskyi, wenn er dann noch im Amt sei, vermutlich sagen: «Accept the deal.» Es gebe eigentlich kein andere Wahl.

«Alle sprechen jetzt davon, eine Menge Geld für Rüstung auszugeben», sagt Macgregor. «Aber schon bald werden sich die Leute fragen, warum.» Denn sei es offensichtlich, dass die NATO nicht in der Lage sei, zu kämpfen oder Russland herauszufordern.

«Mister Bidens Narrativ wird in den nächsten Tagen rasch zusammenbrechen, weil es offensichtlich wird, dass das ganze Ukraine-Business seine Phantasie war», meint Macgregor. «Wir können es uns einfach nicht leisten, einen solchen Krieg zu führen.» Die Präsenz der NATO in Europa sei durch den Ukraine-Konflikt Frage gestellt. (Der Politikwissenschaftler John Mersheimer hält Europa im weiter unten empfohlenen Beitrag für ein drittrangiges strategisches Ziel der USA nach China und der Golfregion).

Hat Joe Biden die Situation falsch eingeschätzt, indem er in den letzten Wochen immer wieder sagte, man würden den Preis einer russischen Invasion so hoch ansetzen, dass Putin den Schritt nicht wagen würde? Macgregor: «Mister Putin hat die Kosten eingepreist. Er ist kein Dummkopf.»

Gemäss Macgregor hat sich Putin mit China abgesprochen. China, das auf funktionierende Handelsbeziehungen mit dem Westen angewiesen ist, wolle ein rasches Ende der Operation. Andrerseits: Ohne die Zustimmung von Xi Jinping hätte Russland die Invasion nicht gewagt.

Die grösseren strategischen Zusammenhänge sind für das Verständnis des Kriegs in der Ukraine unerlässlich. John Mearsheimers Vortrag «Warum ist die Ukraine der Fehler des Westens» von 2015 zählt mit zum Besten, was es im Internet zum Thema zu finden gibt. Mit über 14 Mio. Klicks zählt er vermutlich zu den meistgesehenen politisch-strategischen Vorträgen überhaupt. Mit gutem Grund: Mearsheimers Analyse von 2015 hat sich voll und ganz bestätigt. Wenn sich der Westen nicht mit Russland in der einen oder anderen Form einigen würde, werde die Ukraine ein «wrecked state», sagte Mearsheimer.

Aber nicht nur das: Mit dem Konflikt mit Russland schwächten die USA ihre Position im viel wichtigeren Konflikt mit China, warnte Mearsheimer. Zudem trieben sie Russland und China in eine Koalition, die stärker sei als der Westen. Sehr sehenswert, inkl. Q&A (in englisch und mit englischem Text).

John Mearsheimer: Why is Ukraine the West’s Fault?, 25. September 2015.

Sehenswert ist auch der Vortrag des Historikers und Friedensforsches Dr. Daniele Ganser «Ukraine 2014, ein illegaler Putsch», den er am 10. Mai 2015 in Berlin gehalten hat. Er liefert insbesondere interessante Details zum Putsch vom Februar 2014, um dessen Nachwirkung jetzt Krieg geführt wird.

Vortrag vom 10. Mai 2015 in Berlin.
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Eine Antwort auf Mehr zum Verständnis des Kriegs in der Ukraine

  1. Eric Boule sagt:

    Schlaeft die Ukrainefuehrung? Die Ukraine mochte schon immer gerne Natomitglied werden. Die Nato hat sich geweigert, die Ukraine war nicht reif. Daraufhin hat der Ukrainekrieg angefangen. Auch hat sich die Nato geweigert ueber den Ukraine-Neutralitaetsstatus mit Russland zu verhandeln, man hat Ukraine zum Krieg verdonnert, ohne Ukraine zu verteidigen. Lieferungen von alten Waffen hat nur den Schaden+Leichenzahlen vergroessert. Aus diesem Grund sollte Ukraine vor Gericht Schadenersatz einklagen von EU, USA, NATO. Die paar Milliarden Euro, die man bis jetzt versprochen hat, sind nur Trinkgelder verglichen mit dem realen Schaden. Bis zum jetzigen Stand Mai/Juni/22 betraegt der Schaden minimal 3000/5000 Milliarden Euro. Wenn im Westen der Ukraine EU-Laender ihre historischen Forderungen aus der Oesterreich/Ungarn-Periode geltend machen und Territorien besetzen, kan der Schaden bis zu 10.000 Milliarden betragen.Dann bleiben von der Ukraine nur 50% uebrig, mit nur 25 mio Einwohnern. Die EU ist dann definitiv pleite.

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