Gretchenfragen zu Weihnachten

Wie hast Du’s mit der andern Welt?

In der Weihnachtszeit darf man sich die Gretchenfrage stellen, wie man es denn mit der Religion hält. Ganz besonders in dieser Zeit, wo die Humanität aus der westlichen Öffentlichkeit nahezu verschwunden ist .

Ich bin katholisch erzogen worden und lernte als Messdiener die lateinische Liturgie auswendig. Als Teenager hoffte ich sogar, der Glauben würde mich zu einem guten Leben im wahren Sinn des Wortes führen.

Aber: Was mir am Christentum widerstrebt, ist die Vorstellung, dass ein Individuum, in diesem Fall ein Zimmermannssohn aus Palästina, die Menschheit erlöst haben soll. Zum einen erscheinen mir die Christen eindeutig zu wenig erlöst.

Zum anderen will mir nicht einleuchten, wie mich das Leiden und der Tod eines Anderen von der Aufgabe befreien soll, mit meinen eigenen Schatten umzugehen. So einfach kann das Leben nicht sein: Jemand stirbt und mir soll es besser gehen.

Das heisst allerdings nicht, dass der Nazarener uns nichts zu sagen hätte. Da ist seine Botschaft der bedingungslosen Liebe – leicht zu verstehen, aber nicht ganz einfach zu leben. Noch wichtiger scheint mir sein Verweis auf sein Reich, «nicht von dieser Welt».

Der Hinweis auf eine andere, mutmasslich ebenso wahre Welt darf man von einem Menschen, der höchstwahrscheinlich Wunder vollbracht hat, durchaus ernst nehmen. Es gibt ja einige besser dokumentierte Wundertäter, die ihre Kraft auch aus einer geistigen Parallel-Welt bezogen.

Leider hat die vom Staat organisierte Wissenschaft solche Fälle vorschnell als Hokuspokus abgetan. Ich bin überzeugt, dass eine seriöse Untersuchung dieser Phänomene erstaunliche, um nicht zu sagen bahnbrechende Resultate hervorbringen würde. Und dass sie viel häufiger sind, als wir annehmen.

Was macht der Mensch, der Kräfte «nicht von dieser Welt» bei sich wahrnimmt, die aber von den massgebenden Instanzen «dieser Welt» abgelehnt werden? Er schweigt oder verleugnet, um sich vor Ausgrenzung oder Pathologisierung zu schützen. Oder er flüchtet in eine von Menschen geschaffene Religion oder in eine hierarchisch organisierte Kirche, wo er sich unter Gleichgesinnten sicher fühlen darf.

Der auf diese Art versperrte Zugang zur «Nicht-von-dieser-Welt» macht sie unsichtbar und schliesst sie aus unserer gemeinsamen Wirklichkeit aus. Der Konsens ist: Sie existiert nicht. Und wer sie trotzdem wahrnimmt, leidet unter Wahrnehmungsstörung

Der Ausschluss der «Nicht-von-dieser-Welt» widerspricht der fundamental freien Natur des Geistes. Religionen und Kirchen sind Krücken auf diesem Weg. Man kommt vielleicht ein bisschen voran, aber man wird das Ziel niemals erreichen. Den entscheidenden letzten Schritt muss jeder für sich allein tun.

Ich kenne viele Zeitgenossen, die wie ich ihre ganz eigene Vorstellung von dieser «Nicht-von-dieser-Welt gewonnen haben. Wenn das Gespräch auf die Gretchenfrage kommt, geschieht jeweils etwas Erstaunliches: Die «Nicht-von-dieser-Welt» rückt näher an «diese Welt» und verwandelt sie auf wundersame Weise.

«Diese Welt» braucht jetzt die Kräfte des Geistes und der Liebe, wie vermutlich schon lange nicht mehr, zumal die demokratischen Regeln des Konsens von den Leuten an den Schalthebeln für ihre Zwecke zurechtgebogen werden. Kriege werden nicht von den Menschen gewollt, sondern von ihren Führern.

Weihnachten ist eine gute Zeit, einen Blick in diese «Nicht-von-dieser-Welt zu werfen. Wenigeer weil angeblich Jesus Christus in der Nacht auf den 25. Dezember geboren wurde, sondern weil die Wintersonnwende seit der Zeit der Kelten für den geheimnisvollen Neubeginn steht, der sich dann im Frühling für alle sichtbar manifestiert.

Neben einem frohen Fest mit Ihren Liebsten wünsche ich Ihnen zu Weihnachten einen Blick über «diese Welt» hinaus in die Sphäre der Liebe und des Geistes. Und ich wünsche uns allen, dass etwas zur Geburt kommt, was «dieser Welt» so nötig hat.

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6 Antworten auf Gretchenfragen zu Weihnachten

  1. Christoph! Die Geschichte mit Christus (die Substanz „Europas“…) wäre lächerlich, wenn sie nicht mit der Geschichte der persönlichen Freiheit („Geist“) zusammenfallen würde. Ein Rätsel, weil die Kirchen das verhunzt haben, so wie zb. Die „Anthroposophen“ die Geistes-Wissenschaft des Forschers u. Soziologen Rudolf Steiner („Dreigliederung“….) verunmöglicht haben.
    Histoire à suivre, on se verra j’espère)
    Peter

  2. PS Natürlich nicht der Zimmermannssohn aus Nazareth „erlöst“ etwas. Dieser Jesus gab wohl die passende Gelegenheit, dass der dieser Geist namens „Christus“ (Namen sind nicht wichtig) inkarniert werden konnte, auf der Erde, geschichtlich – das ist wohl der Sinngehalt der Jordantaufe, da war der Jüngling J. 30Jahre alt.
    Mit 33Jahren dann das „Mysterium“ von Tod u. Auferstehung –
    Die „Erlösung“ (Salvation) betrifft mit Sicherheit die Befreiung des persönlichen Intellektes+Tuns (Egoismus etc.) Richtung
    „Geist“, der Symbiose von Persönlichem u. Überpersönlichem, die von den Kirchen verpennte Individuation.

  3. Reinhold sagt:

    Mir leuchtet die Auffassung von Rudolf Steiner ein, dass man zwischen Jesus und Christus unterscheiden sollte. Jesus war demnach ein, wenn auch sehr begnadeter, aber doch ein Mensch. Christus hingegen ist ein kosmisches Wesen (Teil der Trinität), welches sich bei der Jordantaufe inkarnierte. Da man in den Kirchen schon lange nur den Zimmermannssohn Jesus sieht und den Christus als kosmisches Wesen nicht, haben diese Kirchen tatsächlich nicht viel bis nichts mit Christentum zu tun!

    ‚Erlösung‘ im biblischen Sinne ist meiner Ansicht kaum so gemeint, ein anderer stirbt und mit gehts besser. Ich nehme an, dass Christus Grundlagen für ein erneuertes, freies, sich selbst bewussten Denken gab, ergreifen müssen wir dieses Geschenk schon selber.

  4. Ludwig Detusch sagt:

    Was genau für Wunder soll da ein Mensch „höchstwahrscheinlich“ vollbracht haben?

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